ERZÄHLER
Es war einmal mitten im Winter, und die Schneeflocken fielen wie Federn vom Himmel herab, da saß eine Königin an einem Fenster, das einen Rahmen von schwarzem Ebenholz hatte, und nähte. Und wie sie so nähte und nach dem Schnee aufblickte, stach sie sich mit der Nadel in den Finger, und es fielen drei Tropfen Blut in den Schnee. Und weil das Rote im weißen Schnee so schön aussah, dachte sie bei sich:
KÖNIGIN
(seufzend)
Ach, hätte ich doch ein Kind, so weiß wie Schnee, so rot wie Blut und so schwarz wie das Ebenholz aus dem Rahmen. Wie würde ich mich doch freuen.
ERZÄHLER
Bald darauf bekam sie ein Töchterlein, das war so weiß wie Schnee, so rot wie Blut und so schwarzhaarig wie Ebenholz. Deswegen wurde es auch Schneewittchen genannt.
KÖNIG
Ach schau doch, was für ein schönes Kind wir haben. Sie ist das schönste Kind im ganzen Land und mir das Liebste auf der ganzen Welt.
KÖNIGIN
Ja, wie schön sie doch ist.
ERZÄHLER
Bald darauf aber starb die Königin, und nach einem Jahr nahm der König sich eine neue Gemahlin. Sie war eine sehr schöne Frau, aber sie war auch sehr stolz, hochmütig und herrschsüchtig. Und sie konnte nicht leiden, daß sie an Schönheit von jemand sollte übertroffen werden. Sie hatte einen Zauberspiegel. Wenn sie vor diesen trat und sich darin betrachtete, sprach sie:
KÖNIGIN
Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land?
ERZÄHLER
Und der Spiegel antwortete:
SPIEGEL
Frau Königin, Ihr seid die schönste im Land.
ERZÄHLER
Schneewittchen aber wuchs heran und wurde immer schöner. Eines Tages trat die Königin wieder an ihren Spiegel heran.
KÖNIGIN
Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land?
SPIEGEL
Frau Königin, Ihr seid die Schönste hier. Aber Schneewittchen ist tausendmal schöner als Ihr.
KÖNIGIN
Hab' ich mich jetzt verhört?
Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land?
SPIEGEL
Frau Königin, Ihr seid die Schönste hier. Aber Schneewittchen ist tausendmal schöner als Ihr.
KÖNIGIN
Du lügst!
(greift nach etwas, um den Spiegel zu zerschlagen; besinnt sich aber)
Nein, Du hast mich noch nie belogen.
(geht aufgeregt im Zimmer auf und ab; denkt nach)
Schneewittchen muß weg.
Schneewittchen muß sterben.
(überlegt)
ZOFE
Frau Königin?
KÖNIGIN
Ruf den Jäger.
ZOFE
Sehr wohl
KÖNIGIN
(allein, vor dem Spiegel kämmend)
Schneewittchen muß sterben. Der Jäger muß mir dabei helfen. Er soll Schneewittchen in den Wald führen und - töten.
(es klopft)
Herein!
ZOFE
Frau Königin - der Jäger
KÖNIGIN
Laß uns allein
(Zofe geht)
(Königin immer noch sich vor Spiegel kämmend, Jäger im Spiegel beobachtend)
Jäger!
JÄGER
Ja, Frau Königin?
KÖNIGIN
Bist Du gern in meinen Diensten?
JÄGER
Es geht mir gut.
KÖNIGIN
Du gehst noch heute jagen.
JÄGER
Sehr wohl.
KÖNIGIN
Und nimm Schneewittchen mit.
JÄGER
Wie Ihr befehlt.
KÖNIGIN
Töte sie.
JÄGER
Was soll ich?
KÖNIGIN
Du sollst sie töten.
Und zum Beweis, daß Du sie getötet hast, bringst Du mir ihr Herz.
JÄGER
Aber Frau Königin..
KÖNIGIN
Schweig!
Du tust was ich sage.
(tritt drohend an ihn heran)
Und tust Du's nicht - dann..
JÄGER
Wie Ihr befehlt.
(Jäger ab)
KÖNIGIN
Bald werde ich wieder die Schönste sein.
ERZÄHLER
Der Jäger gehorchte und führte Schneewittchen in den Wald.
SCHNEEWITTCHEN
Ach Jäger, wie schön es hier ist. Alles ist so still und friedlich. Sieh da, ein Eichhörnchen!
JÄGER
Schneewittchen
SCHNEEWITTCHEN
Und schau nur, was ich entdeckt habe. Die vielen Pilze! Wir nehmen sie mit. Die Stiefmutter wird sich freuen, wenn der Koch sie zubereitet.
JÄGER
Schneewittchen
SCHNEEWITTCHEN
Was hast Du? Du siehst ja so betrübt drein?
JÄGER
Schneewittchen - Ich soll Dich töten.
SCHNEEWITTCHEN
Töten?
JÄGER
Deine Stiefmutter hat es befohlen - die kaltherzige Frau.
SCHNEEWITTCHEN
Aber warum?
JÄGER
Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, daß ich es nicht tun möchte.
SCHNEEWITTCHEN
(weint)
Lieber Jäger, laß mich am Leben. Ich will in den Wald laufen und nie mehr wieder heimkommen.
JÄGER
Ja, lauf in den Wald. Und ich werde inzwischen ein wildes Tier schießen und sein Herz der bösen Königin bringen. Mag sie denken, Du seiest tot. Lauf.. beeile Dich.. Leb wohl!
SCHNEEWITTCHEN
Leb wohl, lieber Jäger!
ERZÄHLER
Viele Stunden irrte Schneewittchen durch den dichten Wald.
SCHNEEWITTCHEN
Oh wie hungrig ich bin. Es wird schon Nacht, wenn ich nicht bald eine Bleibe finde, werden mich die wilden Tiere fressen.
(läuft, stolpert, fällt, steht wieder auf)
Was ist das? Täuschen mich meine Augen? Träume ich?
Ein Häuschen!
Wer mag darinnen wohnen?
(umstreicht es)
Hallo! Hallo, ist da jemand?
Niemand da. Die Tür ist nur angelehnt.
Ich schaue einfach einmal hinein.
Wie klein hier alles ist... richtig niedlich. Ein Tisch. Und darauf eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben Tellerchen.
Habe ich einen Hunger. Ob ich etwas nasche?
(nascht)
Eins, zwei, drei, Vier, fünf, sechs, sieben Becherchen.
(trinkt von einem)
Wie müde ich bin. Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben Bettchen.
(setzt sich auf eins)
Nein das ist zu klein.
(geht ins größte und schläft ein)
ZWERGE
(kommen mit Lied "Hinter eins, zwei, ..")
(Im Haus angekommen, setzen sie sich zu Tisch.)
HANS
Was ist das? Wer hat von meinem Tellerchen gegessen?
RUDI
Ja und wer hat aus meinem Becherchen getrunken?
LUDI
Wer hat von meinem Kompott genascht?
MUDI
Wer hat mein Gäbelchen benutzt?
FUDI
Wer hat mein Serviettchen beschmutzt?
NASEWEIS
Wer hat auf meinem Bettchen gesessen?
FRANZ
Pst! Pst! Seht doch mal.
(alle eilen zu seinem Bettchen)
HANS
Wer mag das sein?
RUDI
Wie schön Sie ist.
LUDI
Ja, ihr Gesicht ist so lieblich. Sie führt bestimmt nichts Böses im Schilde.
SCHNEEWITTCHEN
(erwacht)
Wo bin ich?
(erschrickt)
Wer seid ihr?
FRANZ
Wir? Wir sind die sieben Zwerge.
HANS
Und wir wohnen hier. Das ist unser Häuschen.
NASEWEIS
Jawohl, das ist unser Häuschen. Und wenn Du es uns wegnehmen willst, bekommst Du es mit uns zu tun. Sieh her wie stark ich bin.
ZWERGE
(Die übrigen Zwerge zugleich)
Naseweis!
NASEWEIS
(erschrocken, schüchtern)
Naja‚ ich meine ja nur, wenn sie uns das Häuschen wegnehmen will..
SCHNEEWITTCHEN
Aber ich möchte Euch das Häuschen doch gar nicht wegnehmen kleiner Mann.
NASEWEIS
(entrüstet)
Kleiner Mann! Ich bin kein kleiner Mann. Ich bin schon groß.
SCHNEEWITTCHEN
Entschuldige. Ich wollte Dich nicht beleidigen. Ich kenne nur nicht Deinen Namen. Sei mir nicht mehr böse.
NASEWEIS
(versöhnlicher)
Ich heiße Naseweis. Und ich bin der Stärkste von uns allen.
ZWERGE
Naseweis!
FRANZ
Ich heiße Franz.
HANS
Ich heiße Hans.
RUDI
Ich bin Rudi.
LUDI
Ich bin Ludi.
MUDI
Man nennt mich Mudi.
FUDI
Ich heiße Fudi.
FRANZ
Und wer bist Du?
SCHNEEWITTCHEN
Ich heiße Schneewittchen. Ich bin eine Königstochter. Meine Stiefmutter hatte den Auftrag gegeben, mich zu töten.
ZWERGE
(erschrocken)
Aber warum?
SCHNEEWITTCHEN
Ich weiß es nicht. Aber der Jäger, der es tun sollte, ließ mich in den Wald laufen.
Der gute Jäger.. Wie mag es ihm wohl jetzt ergehen?
ZWERGE
(Die 7 Zwerge treten zusammen und tuscheln)
FRANZ
Schneewittchen, willst Du bei uns bleiben?
SCHNEEWITTCHEN
Ja wenn ich darf? Ich wurde auch Euer Häuschen sauber machen.
HANS
Kannst Du kochen?
SCHNEEWITTCHEN
Ich hab es in der Hofküche gelernt.
NASEWEIS
Und Strümpfe stopfen?
(hält Fuß hoch mit großem Loch im Strumpf)
ZWERGE
Naseweis!
SCHNEEWITTCHEN
Ja Naseweis, auch Eure Strümpfchen werde ich stopfen. Und wenn Ihr abends nach Hause kommt, wird Euer Hüttchen sauber und das Essen fertig sein.
ZWERGE
Au fein!
FRANZ
(ernst)
Aber eins mußt Du uns versprechen. Laß nie einen anderen Menschen in unser Häuschen.
SCHNEEWITTCHEN
Ich verspreche es Euch.
MUDI
Kommt, laßt uns schlafen gehen. Morgen wollen wir wieder ins Bergwerk. Ein schwerer Tag steht vor uns.
ERZÄHLER
Zur selben Zeit, da Schneewittchen Bekanntschaft mit den 7 Zwergen schloß, saß die böse Königin in ihrer Kammer.
KÖNIGIN
(böse lachend)
Schneewittchen ist tot. Ich habe ihr Herz gegessen. Nun bin ich wieder die Schönste.
(geht zum Spiegel)
Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land?
SPIEGEL
Frau Königin, Ihr seid die Schönste hier. Aber Schneewittchen hinter den sieben Bergen bei den sieben Zwergen ist noch tausendmal schöner als ihr.
KÖNIGIN
(entsetzt)
Aber Schneewittchen ist doch tot. Ich habe ihr Herz gegessen.
(nachdenkend)
Oder hat der Jäger mich betrogen?
(befehlend)
Kammerzofe!
ZOFE
Frau Königin?
KÖNIGIN
Kammerzofe, hol mir den Jäger!
ZOFE
Er hat sich bereits Ruhe begeben. Er war den ganzen Tag im Wald.
KÖNIGIN
Dann wecke ihn. Er soll sofort zu mir kommen.
ZOFE
Frau Königin, er hat einen schweren Tag gehabt.
KÖNIGIN
(blickt sie nur streng an)
ZOFE
Sehr wohl, ich eile.
KÖNIGIN
(allein)
Das soll er büßen. Wer wollte mich hintergehen. Er soll zittern vor mir.
(es klopft)
Herein!
ZOFE
Frau Königin, der Jäger.
(verläßt das Zimmer)
KÖNIGIN
(zornig)
Warum hast du mich betrogen?
JÄGER
Betrogen?
KÖNIGIN
Schneewittchen lebt. Ich weiß es.
JÄGER
Ja, Schneewittchen lebt. Ihr fragt warum? Schneewittchen ist gut. Kein Mensch kann ihr Böses antun. Ihr aber, Frau Königin, seid kaltherzig, eitel und böse. Na, wie hat Euch das Herz des Rehs geschmeckt?
KÖNIGIN
(wütend)
Du wagst es..!
Unverschämter, verlaß sofort das Schloß. Sieh zu wo Du bleibst.
(schreit)
Hinaus!
JÄGER
(verläßt das Zimmer stolz)
KÖNIGIN
(allein)
Und nun zu Dir Schneewittchen. Muß ich mich eben selbst um Dich kümmern.
Was sagte der Spiegel? Wo bist Du zu finden? Hinter den sieben Bergen, bei den sieben Zwergen.
Aber wie fange ich es an?
(geht zum Spiegel und kämmt sich ... Hält plötzlich inne)
Der Kamm.. Ein wunderschöner Kamm - vergiftet ganz fest ins Haar gedrückt.
(böse lachend)
Und Schneewittchen war die Schönste.
Ich werde mich als Händlerin verkleiden.
(verkleidet sich)
Ein Korb voller Waren und obenauf der vergiftete Kamm. Nun wehe Dir Schneewittchen.
SCHNEEWITTCHEN
(singend bei der Arbeit)
So nun blitzt das Zwergenhaus wieder. Nun werde ich noch Essen kochen und dann können die Zwerge kommen.
KÖNIGIN
(mit verstellter Stimme)
Gute Ware, schöne Ware!
(Schneewittchen lauscht)
Gute Ware, schöne Ware!
SCHNEEWITTCHEN
Wer mag das sein? Wer hat sich hier in diesen tiefen Wald verirrt?
(geht ans Fenster)
KÖNIGIN
Guten Tag, schönes junges Fräulein.
SCHNEEWITTCHEN
Ich bin kein Fräulein. Ich heiße Schneewittchen.
KÖNIGIN
Oh, warum so bescheiden.. wenn man so schön ist wie ihr?
SCHNEEWITTCHEN
Wer seid Ihr, gute Frau?
KÖNIGIN
Ich bin eine arme Händlerin und komme gerade aus der Stadt. Heute war Markttag. Schaut nur was ich hab; einen ganzen Korb voller herrlicher Waren. Aber wollt Ihr sie Euch nicht einmal ganz aus der Nähe betrachten?
SCHNEEWITTCHEN
Es tut mir leid gute Frau, aber ich darf niemand hereinlassen. Die 7 Zwerge haben es mir verboten.
KÖNIGIN
Ich verstehe, Ihr seid ein braves Mädchen. Aber seht nur, was ich hier habe, einen wunderschönen goldenen Kamm. Und wie schön er zu Euren schwarzen Haar paßt. Gestattet mir nur, Euch ein wenig damit zu kämmen.
(fängt an Schneewittchen zu kämmen)
Wie schön Euer Haar ist.. und wie es glänzt..
(plötzlich böse und indem sie den Kamm fest eindrückt)
Und wie es glänzt...
(Schneewittchen fällt um. Königin böse lachend)
So Schneewittchen, dein schönes schwarzes Haar wird mich nicht mehr stören. Nun bin ich wieder die Schönste.
(Zwerge leise im Hintergrund: Hinter eins, zwei...)
Nun aber schnell, ehe man mich hier noch sieht.
(Königin eilig ab)
ZWERGE
(kommend singend)
(durcheinander)
Schneewittchen, wir kommen!
MUDI
Hab' ich einen Hunger.
FUDI
Was mag es heute Leckeres geben?
ZWERGE
(durcheinander)
Schneewittchen!
LUDI
Es ist so seltsam still.
RUDI
Die Tür klemmt. Schneewittchen mach doch auf!
HANS
Da stimmt irgend etwas nicht.
FRANZ
Mudi steig doch mal zum Fenster rein.
(Mudi steigt durchs Fenster)
MUDI
(entsetzt)
Schneewittchen!
(öffnet die Tür von innen)
Schneewittchen liegt am Boden und bewegt sich nicht.
(Zwerge drängeln zur Tür hinein/bleiben entsetzt vor Schneewittchen stehen)
LUDI
(traurig/über Schneewittchen gebeugt)
Schneewittchen ist tot.
NASEWEIS
Seht doch mal, was ist das für ein Kamm in Schneewittchens Haar.
(zieht ihn heraus)
Den habe ich doch noch nie bei ihr gesehen.
(Schneewittchen erwacht)
RUDI
Seht doch, sie erwacht!
SCHNEEWITTCHEN
Was war los? Wo ist die Händlerin, die mir den Kamm verkaufen wollte? Ja diesen Kamm.
(nimmt ihn Naseweis aus der Hand)
FRANZ
Schneewittchen, das kann nur die böse Königin gewesen sein. Sie trachtet Dir nach dem Leben. Nimm von niemandem mehr Geschenke an und öffne niemand.
SCHNEEWITTCHEN
Ja ihr lieben Zwerge. Ich werde es nie wieder tun. Ich verspreche es Euch.
KÖNIGIN
(Königin kommt ausgelassen in ihre Kammer und legt Verkleidung ab)
Kammerzofe!
ZOFE
Frau Königin?
KÖNIGIN
Du sollst mir das Haar kämmen.
(Kammerzofe kämmt Königin)
Na? Wie sehe ich aus? Bin ich schön?
ZOFE
Sehr Frau Königin.
Aber Schneewittchen...
KÖNIGIN
(böse)
Schweig! Schneewittchen ist tot. Wilde Tiere im Wald haben es gefressen! Geh!
(Kammerzofe ab)
(geht zum Spiegel)
Spieglein, Spieglein an der Wand.
Wer ist die schönste im ganzen Land?
SPIEGEL
Frau Königin, Ihr seid die Schönste hier. Aber Schneewittchen hinter den sieben Bergen bei den sieben Zwergen ist noch tausendmal schöner als ihr.
KÖNIGIN
(verstört)
Wie kann das sein? Ich habe sie doch umfallen sehen!
(nachdenkend)
Oder war das Gift nicht stark genug?
Etwas Neues muß her. Aber was?
(spielt vor Aufregung mit ihrem Gürtel, hält plötzlich inne)
Der Gürtel! Ganz fest angezogen.. Schneewittchen bekommt keine Luft mehr. Gleich morgen will ich mich wieder verkleiden und zu ihr gehen. Wir wollen doch sehen, wer Sieger bleibt.
(Königin ab)
SCHNEEWITTCHEN
(bei der Arbeit im Haus/ singend/ hält Söckchen von Naseweis hoch und lacht)
Naseweis, hast du schon wieder ein großes Loch in deinem Strümpfchen?
KÖNIGIN
Gute Ware, gute Ware!
(Schneewittchen hört, arbeitet aber weiter)
KÖNIGIN
(erscheint am Fenster)
Guten Tag schönes Kind.
SCHNEEWITTCHEN
Guten Tag, gute Frau.
KÖNIGIN
Ich komme gerade vom Markt und habe wunderschöne Ware bei mir. Möchtest Du sie Dir nicht einmal ansehen?
SCHNEEWITTCHEN
Nein, es tut mir leid. Aber ich soll von niemanden etwas annehmen.
KÖNIGIN
Schade, muß ich eben weiterziehen. Aber einen Schluck zu trinken, wirst Du doch für eine alte Frau haben? Ich bin durstig.
SCHNEEWITTCHEN
Aber gewiß.
(reicht der Königin einen Becher)
KÖNIGIN
Weil Du so gut bist, will ich Dir auch etwas schenken. Du trägst ein sehr schönes Kleid. Es würde noch mehr zur Geltung kommen, wenn Du diesen hübschen Gürtel dazu tragen würdest.
SCHNEEWITTCHEN
Oh wie schön er ist.
KÖNIGIN
Komm wir wollen ihn gleich probieren.
(stellt sich hinter Schneewittchen und legt ihr den Gürtel an)
Wie gut er zu Deinem Kleid paßt. Du mußt ihn ganz eng tragen.
(bösartig, indem sie den Gürtel fest zuzieht)
Ganz eng.
(giftig lachend)
Nun schlaf wohl Schneewittchen.
ZWERGE
(in der Ferne)
Hinter eins, zwei, ...
(Königin schaut und läuft schnell weg)
ZWERGE
(nach Lied/ alle durcheinander)
Schneewittchen, schau mal was wir Dir mitgebracht haben.
HANS
Nanu, die Tür ist offen.
(Zwerge sehen sich an und laufen dann zur Tür)
LUDI
Sie atmet nicht mehr.
MUDI
Der Gürtel - seht nur wie eng der Gürtel geschnürt ist.
(sie öffnen Gürtel, Schneewittchen schlägt Augen auf)
SCHNEEWITTCHEN
(sieht Zwerge der Reihe nach an}
Hans, Franz, Rudi, Ludi, Mudi, Fudi, Naseweis! Wo kommt ihr her?
FRANZ
(erstaunt)
Aus dem Bergwerk. Aber sag, was ist hier geschehen?
SCHNEEWITTCHEN
(nachdenkend)
Da war eine freundliche Frau, die wollte mir einen Gürtel schenken. Und als sie ihn mir anlegte, bekam ich plötzlich keine Luft mehr.
FRANZ
Schneewittchen, wir hatten Dich doch gewarnt. Das war bestimmt die böse Königin. Sie wollte Dich töten.
SCHNEEWITTCHEN
Aber die Frau war doch so gut.
RUDI
Ja, weil sie Dir den Gürtel umlegen wollte.
SCHNEEWITTCHEN
Entschuldigt, liebe Zwerge. Ich werde nicht mehr so gutgläubig sein. Aber jetzt habe ich noch eine Überraschung für Euch. Kommt zu Tisch. Ich habe Pudding für uns gemacht.
(Zwerge durcheinander)
KÖNIGIN
(betritt ihre Kammer; legt ihre Verkleidung ab)
(böse lachend)
Ach du armes Ding, Schneewittchen, schläfst du wohl? Wer mir im Weg ist, der bekommt es zu spüren.
(geht stolz zum Spiegel)
Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land?
SPIEGEL
Frau Königin, Ihr seid die Schönste hier. Aber Schneewittchen hinter den sieben Bergen, bei den sieben Zwergen ist noch tausendmal schöner als Ihr.
KÖNIGIN
Schneewittchen lebt? Ein neue Mittel muß her.. ein völlig neues Mittel.. Etwas, was nicht äußerlich zu sehen ist. Aber was?
(geht aufgeregt im Zimmer hin und her, bis ihr Blick auf eine Schale mit Äpfeln fällt. Geht langsam hin, nimmt einen Apfel in die Hand und dreht ihn langsam, dabei nachdenklich)
Eine Seite weiß — die andere rot. Die Weiße für mich - die Rote vergiftet..
(böse/ giftig)
Und niemand kann Dir mehr helfen. Nun aber schnell.
SCHNEEWITTCHEN
(singend bei der Arbeit)
Ach wie gut die Zwerge zu mir sind. Und trotzdem wie mag jetzt in meines Vaters Schloß sein. Wie mag es dem guten Jäger gehen?
KÖNIGIN
Kauft Äpfel, kauft Äpfel. Rotwängig, saftig und süß! Kauft Äpfel!
(erscheint am Fenster)
Na schönes Weib, wollt ihr nicht Äpfel kaufen? Seht, die herrliche Farbe und wie Sie glänzen
SCHNEEWITTCHEN
Nein gute Frau, seid nicht bös. Ich darf nichts kaufen.. Die Zwerge haben es mir verboten.
KÖNIGIN
(lachend)
Aber kosten könnt ihr doch einen? Seht her, ich hab ein Messer mit.. wir teilen einen.
(kramt im Korb)
Und hier habe ich einen ganz besonders schönen Apfel.
(schneidet ihn durch)
Ihr traut mir wohl nicht, seht.. die weiße Seite ist für mich und die rote für Euch.
(beißt in ihre Hälfte)
Hm, wie der schmeckt.. so saftig und süß.. probier' nur auch.
SCHNEEWITTCHEN
(langsam näher kommend)
(nimmt ihre Hälfte und beißt hinein)
(Königin schaut gespannt)
Wie wird mir.. es fängt an zu drehen.. und müde werde ich..
(fällt um)
KÖNIGIN
So Schneewittchen‚
(läßt ihre Verkleidung fallen)
Jetzt kann Dir niemand mehr helfen. Du bist tot.. und ich werde auf immer die Schönste sein.
ZWERGE
(leise aus der Ferne)
Hinter eins, zwei, ..
KÖNIGIN
(blickt in Richtung Zwergenhaus)
Ja singt nur.. diesmal könnt ihr Schneewittchen doch nicht mehr helfen
(läuft davon)
ZWERGE
(kommen singend)
NASEWEIS
(will ins Haus rennen)
Schneewittchen wollte heute Linsen kochen - meine Lieblingsspeise.
FRANZ
Naseweis.. erst aufräumen.
NASEWEIS
(ärgerlich/ ihn nachmachend)
Erst aufräumen, erst aufräumen. Immer hackt ihr auf mir rum.
ZWERGE
Naseweis!
HANS
(inzwischen am Fenster)
Schneewittchen?
(plötzlich entsetzt)
Schneewittchen!
(Zwerge laufen ins Haus. Reden durcheinander, sehen Schneewittchen. Suchen nach Gegenständen)
MUDI
Sie atmet wieder nicht
LUDI
Es ist aber nichts zu finden.
FUDI
Weder ein Kamm nach ein Gürtel noch sonst etwas.
FRANZ
Freunde, ich glaube diesmal können wir Schneewittchen nicht mehr helfen.
RUDI
Wie schön sie ist, wie wenn sie noch am Leben wäre.
HANS
Wollen wir ihr einen Sarg aus Glas bauen.. dann können wir sie immer sehen.
ZWERGE
(durcheinander)
KÖNIGIN
(hinter Kulisse}
Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land?
SPIEGEL
Frau Königin, Ihr seid die Schönste im Land.
KÖNIGIN
(böses Lachen)
ERZÄHLER
Einige Tage später verirrte sich während einer Jagd ein Prinz mit seinem Jäger im Wald.
PRINZ
Jäger laß uns rasten.
(setzen sich beide)
Der Hirsch war ein prächtiges Tier
JÄGER
Ja, und zu schnell für uns. Wir hätten die Verfolgung eher aufgeben müssen, dann hätten wir die anderen nicht verloren.
PRINZ
Was soll's. Es ist auch einmal schön, den ganzen Hofstaat hinter sich zu essen und einsam durch die Wälder zu streifen. Du, lieber Jäger, bist mir, seit Du bei mir ist, zum liebsten Gefährten geworden.
JÄGER
Einmal fragte mich meine frühere Herrin, ehe Sie mich davonjagte, ob ich gern in ihren Diensten wäre. Ich wich ihr aus, denn sie war kaltherzig und böse. Aber die Geschichte von Schneewittchen habe ich Euch ja schon erzählt. Euch, Herr, diene ich wirklich gern, denn Ihr seid edel und gut.
PRINZ
Und Schneewittchen war wirklich so schön, wie Du sagst?
JÄGER
Sie war as schönste Mädchen, das ich je sah. Das wäre eine Frau für Euch.
(nachdenklich)
Aber was mag nur aus ihr geworden sein?
PRINZ
Gräm Dich nicht. Dich trifft keine Schuld. Laß uns weiterziehen.
(sie schlagen sich durch Dickicht und stehen plötzlich auf einer Lichtung‚ wo der Glassarg steht, an dem Naseweis Wache hält)
PRINZ
Nanu kleiner Mann, wer bist denn Du?
NASEWEIS
(böse)
Kleiner Mann.. selber kleiner Mann, Ich bin Naseweis - der stärkste der 7 Zwerge.
PRINZ
(erheitert)
Oho, dann grüße ich Dich großer Held. Was tust du hier?
NASEWEIS
Was ich hier tue? Das siehst Du doch. Ich halte Wache.
PRINZ
Wache? Wozu?
NASEWEIS
Für Schneewittchen.
JÄGER
Sagtest Du für Schneewittchen?
NASEWEIS
Ja, Schneewittchen.
JÄGER
Abwer wo ist sie?
PRINZ
Ja, wo ist sie?
NASEWEIS
(traurig, indem sein Blick zum Sarg geht)
Dort.
(Jäger und Prinz treten an den Sarg heran/ stehen wie verzaubert}
PRINZ
(zum Jäger}
Ist sie es?
JÄGER
(traurig)
Ja, Herr. Wir kommen zu spät,
PRINZ
(immer auf Schneewittchen blickend)
Sie ist noch viel schöner, als ich sie mir vorgestellt habe.
JÄGER
(zu Naseweis)
Wie ist das geschehen?
NASEWEIS
Eine böse Königin trachtete ihr nach dem Leben.
JÄGER
(erregt)
Die böse Königin? Hat sie es also doch geschafft. Aber sie soll es noch bereuen.
PRINZ
Ja, sie soll für diese Tat bezahlen. Ich selbst werde dafür sorgen. Nur um eines bitte ich Dich Naseweis. Gebt mir den Glassarg mit Schneewittchen, Ihr sollt dafür erhalten, was ihr euch wünscht. Er wird in meinem Schloß den schönsten Platz erhalten.
(nachdenklich)
So hätte ich sie immer bei mir.
NASEWEIS
Das kann ich nicht allein entscheiden.
(greift nach seiner Trompete und versucht ein Signal zu geben. Aber es kommt kein Ton.)
JÄGER
(gutmütig lachend)
Gibt mal her.
(bläst. die Zwerge kommen durcheinander redend angerannt)
FRANZ
Naseweis, was ist?
HANS
Wir kommen Dir zu Hilfe.
PRINZ
Liebe Zwerge, ich bin ein Königssohn und das ist mein Jäger. Wir folgten bei der Jagd einem Hirsch und haben uns dabei verirrt. So kamen wir hierher. Ich kannte Schneewittchen aus den Erzählungen meines Jägers, aber seit ich sie gesehen habe, kann ich an nichts anderes mehr denken. Ich bitte Euch, gebt mir den Glassarg, Er soll den schönsten Platz in meinem Schloß erhalten. Wünscht Euch dafür, was Ihr wollt.
FRANZ
(zum Jäger)
Dann bist Du wohl der Jäger, der Schneewittchen töten sollte und der sie aber in den Wald laufen ließ?
JÄGER
Ja, der bin ich.
HANS
Schneewittchen hat immer viel von Dir erzählt.
FRANZ
Prinz, wir wollen darüber beraten.
(Zwerge stecken die Köpfe zusammen und tuscheln)
FRANZ
Prinz, Ihr sollt den Sarg mit Schneewittchen erhalten. Aber eine Bedingung haben wir. Gebt immer gut auf ihn acht und wir möchten ihn zu jeder Zeit, da wir es wünschen, besuchen können.
PRINZ
Ich verspreche es Euch. Immer wenn Ihr wollt, sollt Ihr Schneewittchen besuchen können. Ihr sollt die liebsten Gäste auf meinem Schloß sein.
FRANZ
Und nun, faßt alle an. Wir wollen dem Prinzen helfen.
ZWERGE
(durcheinander)
Paßt auf‚ seid vorsichtig.
(Naseweis stolpert/ der Sarg fällt/ Schneewittchen schlägt die Augen auf)
(alle Zwerge schimpfen mit Naseweis)
Konntest Du nicht besser aufpassen?
NASEWEIS
Seht doch. Seht - Schneewittchen lebt.
(alle Zwerge umspringen Schneewittchen)
SCHNEEWITTCHEN
Ihr lieben Zwerge.
(erblickt den Jäger)
Jäger! Lieber Jäger!
(läuft auf ihn zu und umarmt ihn)
JÄGER
Schau Schneewittchen, das ist mein neuer Herr.
PRINZ
Guten Tag Schneewittchen. Ich heiße Ortwin und bin ein Königssohn. Ich kenne dich aus den Erzählungen des Jägers. Du bist sehr schön. Ich bitte Dich, werde meine Frau.
SCHNEEWITTCHEN
Aber ich kann doch nicht einfach meine Freunde, die 7 Zwerge verlassen.
NASEWEIS
Ach, wir kommen doch alle zur Hochzeit.
SCHNEEWITTCHEN
Seid Ihr mir bestimmt auch nicht böse`
RUDI
Wir kommen Dich doch öfter besuchen.
SCHNEEWITTCHEN
Dann, Ortwin, will ich gern mit Dir ziehen und und Deine Frau werden.
PRINZ
Lebt wohl liebe Zwerge. In einer Woche soll die Hochzeit sein.
ERZÄHLER
Das war ein Fest. Es wurde getanzt und gegessen. Alle waren fröhlich. Bis.. ja bis.. doch seht selbst.
(Tanz)
SCHNEEWITTCHEN
Es ist ein wunderschönes Fest.
PRINZ
Mit einer wunderschönen Braut
HEROLD
Königin Kunigunde aus dem Nachbarreich
SCHNEEWITTCHEN
(erstaunt)
Meine böse Stiefmutter.
PRINZ
Schnell, verbirg Dein Gesicht
(Königin betritt stolz den Saal, will bewundert werden)
(tritt vor den Prinzen)
PRINZ
Seid gegrüßt Königin Kunigunde. Ich freue mich, daß Ihr meiner Einladung gefolgt seid. Ihr gebt dem Fest einen neuen Glanz.
(Königin reckt sich stolz)
Ihr seht sehr schön aus. Ihr seid bestimmt nach meiner Braut die zweitschönste Frau auf diesem Fest.
KÖNIGIN
Ihr spaßt.
PRINZ
Mitnichten. Ihr werdet sicher fragen, wer die Braut überhaupt ist. Verzeiht, wenn ich es nicht auf der Einladung erwähnte, aber ich wollte etwas Spannung erhalten. Seht her, Frau Königin, hier ist sie.
(Königin sieht auf Schneewittchen und erbleicht, geht vor Schreck einige Schritte zurück.)
Frau Königin, Ihre schenktet meiner Braut einmal einen Apfel. Ich bleibe ungern etwas schuldig.
(greift nach einem Apfel)
Ich habe auch einen für Euch vorbereitet. Nehmt ihn.
(Königin bebt vor Angst)
Wollt Ihr nicht einen kosten? Die rote Seite für Euch.
KÖNIGIN
(hinausrennend)
Neiiiin!
HEROLD
Herr König, die folgenden Gäste werdet Ihr lieber sehen.
ZWERGE
Hinter eins, zwei, ...
(Zwerge vor Publikum)
Aus!